Kritik an dualer Ausbildung

„Staatlich geprüfte Fachkraft für Kindertageseinrichtungen“: Fachberaterin Heike Stein-Dietrich wünscht sich mehr Unterstützung vom Land

Artikel aus der Schweriner Volkszeitung vom 26. August 2018, Autorin: Sabrina Panknin

Für Heike Stein-Dietrich gibt es keine Erzieher erster und zweiter Klasse. Die Fachberaterin des Kreisverbandes der Volkssolidarität Südwestmecklenburg kümmert sich um Fortbildungen bei Erziehern und vieles mehr innerhalb der fünf VS-Kitas in der Region. Dazu zählt auch die Pampower Kindertagesstätte „Bremer Stadtmusikanten“. Dort beginnt in wenigen Tagen eine neue junge Frau ihre Ausbildung – die zur „staatlich geprüften Fachkraft für Kindertageseinrichtungen“ für 0- bis 10-Jährige. Vor gut einem Jahr wurde dieser neue duale Ausbildungsweg in Mecklenburg-Vorpommern gestartet.

„Es gibt drei Vorteile bei dieser Ausbildung. Erstens: Sie geht schneller, dauert nicht ganz so lang wie die klassische, sondern nur drei Jahre. Zweitens: Der Praxisanteil ist durchaus größer. Die Azubis sind mehr in den Einrichtungen. Und Drittens: Die Ausbildung wird bezahlt“, erklärt Heike Stein-Dietrich. Die Bezahlung solle vor allem junge Menschen locken, eine Ausbildung zum Erzieher zu machen. Damit wolle das Land dem Fachkräftemangel in den Kindertagesstätten entgegenwirken.

Fachkraft für Kitas: Viele Erzieher-Azubis müssen auf Geld verzichten

Martina Bach kennt die Ausbildung zur „staatlich geprüften Fachkraft für Kindertageseinrichtungen“. Sie wechselt in wenigen Wochen ins zweite Lehrjahr. „Die Ausbildung ist eine schöne Alternative“, erzählt die junge Mutter. Sie arbeitet in der Kita „Abenteuerland“ in Neu Kaliß (wir berichteten). Martina Bach hätte sich die Ausbildung zur Erzieherin nicht leisten können, wenn sie kein Gehalt bekäme. „Wir haben ein Kind und ein Haus. Wie soll das ohne Gehalt funktionieren?“ Doch viele Erzieher-Azubis müssen noch immer auf Bezahlung verzichten. Die Ausbildung ist bislang schulisch mit Betriebspraktika. Zudem müsse Schulgeld gezahlt werden. Martina Bach empfiehlt den neuen Weg in jedem Fall weiter.

Auch wenn es vor gut einem Jahr bei ihrem Start noch holprig war. „Die Schule unterstützt uns sehr. Die Lehrer sind auf unsere Wünsche eingegangen“, sagt Martina Bach. Gemeint ist die Berufliche Schule für Gesundheit und Sozialwesen in Schwerin. Anfänglich gab es Modulzeiten von mehr als 13 Wochen. „Das ist einfach zu lang. Dann fange ich beim Vertrauen der Kinder wieder von vorne an“, erklärt die Neu-Kalisserin. Für das zweite Ausbildungsjahr wurde die Wochenzahl auf sechs bis sieben reduziert.

Ausbildung in Kitas: "Wenn das Geld ausgeht, werden wir keine Erzieher mehr einstellen können"

Das allein störe Heike Stein-Dietrich an der neuen Ausbildung aber nicht. „Wir als Träger werden einfach zu wenig informiert“, sagt die Fachberaterin aus Stralendorf ganz deutlich. Sie würde sich wünschen, wenn die Träger, die diese neue Form der Ausbildung wagen, mehr involviert würden. „Es gibt unter den Trägern so viel Unwissenheit“, sagt Heike Stein-Dietrich. Deshalb boykottieren auch viele andere Ausbilder diesen neuen Weg. Erschwerend hinzu komme die finanzielle Lage der Träger. Die Vergütung müsse kalkuliert werden. „Wenn mir eine Fachkraft wegfällt, kann ich niemanden einstellen, der nicht alleine arbeiten darf“, verdeutlicht Heike Stein-Dietrich die prekäre Situation. Schließlich dürften die Fachkräfte nach der neuen Ausbildung nur Kinder von null bis zehn Jahre betreuen. „Das ist Irrsinn.“

Kritik übt die Fachberaterin vor allem an dem Vorstoß von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD), für Eltern kostenfreie Kita-Plätze zu schaffen. „Wichtiger wäre es, das Geld in die Ausbildung guter Erzieher zu stecken. Wie zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen.“ Dort bezahle das Land die Ausbildung und nicht der Träger. Die Fachberaterin der Volkssolidarität Südwestmecklenburg befürchtet schon jetzt eines: „Wenn uns das Geld irgendwann ausgeht, werden wir auf Jahre hinweg nur noch die Qualität in den Kitas halten, aber keine Erzieher mehr weiterbilden geschweige denn einstellen können.“ Genau darauf aber setze die Volkssolidarität bei ihren fünf Kitas in Groß Laasch, Neu Kaliß, Pampow, Stralendorf und Boizenburg.

Für die neue Auszubildende in Pampow, Daniela Fölske, wünscht sich Heike Stein-Dietrich, dass die Ausbildung gut beginnt und die junge Frau auch nach der Ausbildung den „Stadtmusikanten“ erhalten bleibt.

– Quelle: https://www.svz.de/20827232 ©2018

Veröffentlicht am: 30. August 2018